was darf ein wein kosten?
diese frage lässt sich einerseits nach dem subjektiven empfinden beantworten. so hat bestimmt jede/r weintrinker/in eine persönliche schmerzgrenze wie „unter der woche kein wein über 10 €“. und so bestimmt der preis automatisch die suche bzw. den einkauf von weinen.
eine objektivere antwort könnte lauten: „ein wein darf soviel kosten, dass davon alle am entstehungsprozess beteiligten einen gerechten anteil erhalten“. das wäre dann zuerst der winzer, der die trauben anbaut und liest, möglicherweise anschließend selbst verarbeitet und vermarktet. diese winzer haben einen marktanteil von ca. 12 % in deutschland. ca. 1/3 der weinherstellung wird in genossenschaften erledigt. und mindestens genauso viel in weinkellereien, die weine von trauben nicht nur aus deutschland erzeugen. auch weitere vertriebsstufen wollen spaß am weinverkauf haben, so natürlich zuletzt der handel.
was bestimmt den preis?
4,18 € – das ist der durchschnittspreis je liter für im handel verkauften wein in deutschland in 2022. das sind 2,93 € pro flasche. was kommt davon bei den beteiligten an? dazu schauen wir uns einmal die wesentlichen bestandteile des preises an:
– mehrwertsteuer 19 %
– marge handel
– fracht/vertrieb/abfüllung
– karton
– etikett
– kapsel/korken
– flasche
wenn wir von den 2,93 € je flasche die oben genannten bestandteile abziehen, bleiben ca. 10 cent für den winzer. davon muss er aber noch seine arbeit im weinberg, maschinen/gebäude sowie kapitalkosten bezahlen. ist das eine ordentliche entlohnung? hat der winzer spaß daran?
masse statt klasse?
wohl kaum und uns ist schnell klar, dass es sich bei einem wein zu diesem preis nicht um ein handwerklich hergestelltes, regionales produkt handeln kann, sondern um einen massenwein. doch das ist jetzt hier nicht gegenstand der betrachtung. ich möchte die ausgangsfrage nun anders stellen, nämlich „was muss ein guter wein eigentlich kosten?“.
ich meine, jeder von uns möchte doch für seine arbeit ordentlich entlohnt werden, am wochenende den kühlschrank füllen und mal in den urlaub fahren können. sollten wir das dann nicht allen – in diesem falle auch dem winzer – zugestehen? wenn wir dem winzer für eine flasche wein – sagen wir mal – 1 € oder 1,50 € gönnen würden, kommen wir in einen preisbereich von 6 € und mehr. wenn wir dann noch auf nachhaltigkeit schauen und den schutz und die pflege der natur – reben, böden und klima – berücksichtigen, geht es weiter mit dem preis nach oben.
deutschlands größter weinhändler
trotzdem werden weine in deutschland auch für weniger als 2,93 € angeboten. das sind weine, die industriell von großen kellereien produziert und im supermarkt und discounter verkauft werden, und das sind circa drei viertel der weine in deutschland (aldi süd ist der größte weinhändler hierzulande). aber betrachten wir nochmal kurz den ganzen prozess von unten her, also von der produktion des weines. ein schlauer mensch (dr. jürgen oberhofer) hat ausgerechnet, dass kein wein, auch kein spitzenwein, in der produktion mehr als 11 € kostet. und ein guter wein vom winzer fängt bei ca. 7 € an. der rest ist dann angebot und nachfrage und entsprechendes marketing. und mal ehrlich: hat jemand den unterschied zwischen einem wein für 30 € und 100 € geschmeckt? hat eigentlich von euch jemand schon überhaupt mal einen wein für 100 € getrunken? fazit: gute alltagsweine gibt es für unter 10 €, und für besondere anlässe darf es dann auch mal ein teurerer tropfen sein …